CH 3133 - eine Postleitzahl?

CH 3133 - runde Lochung, goldgelbe Rinde, nussiger Geschmack

CH - 3133 eine Postleitzahl? Falsch die Käsereinummer der Milchplus Jegenstorf. Ist es gewiss, dass nicht nur Emmentaler draufsteht, sondern auch drin ist? In Fliesmütze, weissem Plastikmantel und blauen Schuhüberzügen rutsche ich ins Herzstück der Käserei: dröhnende Maschinen, blaue Schläuche,glänzende Chromstahlleitungen. Die feuchtwarme Luft riecht süsslich nach Molke. 3000 Liter Milch rühren die drei Messerharfen im riesigen Kessi. Betriebsleiter Fritz Schär überlegt:"3000 Liter entsprechen der Tagesproduktion von rund 100 Kühen". Das kupferrote Kessi stellt mich zufrieden: Emmentaler AOC, in Deutsch: geschützte Ursprungsbezeichnung. Während der Verarbeitung löst sich Kupfer aus den Gefässwänden und geht in den Käse über. Allein Emmentaler mit Kupfer verdient das Gütesiegel AOC.

Die mit Lab eingedickte Milch sieht aus wie Hüttenkäse."Probieren Sie", fordert mich der Käsermeister auf und streckt eine Handvoll Käsebruch hin. Der feuchtwarme Käsebruch ist weich und beinahe geschmacklos. "Harter Käse entsteht nur mit einem feinen Bruchkorn, sonst ist der Wassergehalt zu hoch", so Schär. Durch Kraft der Wärme vermehren sich die Milchsäurebakterien. Seit wenigen Tagen schwimmen in der Gallerte nicht nur die für die Emmentaler AOC ausgezeichneten Kulturen, sondern auch Tropfen der geheimen Bakterienkultur HNK. Käsermeister Schär, die Tropfflasche mit Pipette in der Hand, sieht meinen fragenden Blick und schmunzelt; "HNK bedeutet Herkunftsnachweiskultur. In meinem konsumreifen Emmentaler wird die DNA-Struktur der geheimen Bakterienkultur nachweisbar sein, eine Art Vaterschaftstest." Der neue Schutz vor billigen Kopien habe Agroscope, eine Forschungsanstalt des Bundes entwickelt.

Ein wunderbarer süsslich-salziger Emmentalerduft strömt duch die offene Kellertür. Wie auf Eis gleite ich in meinen Schuhüberzügen über den leicht fettigen Kellerboden. Die vielen runden Schweizerkreuze und die Käsereinummer CH 3133 zeugen von traditionellem Jegenstorfer Handwerk. Der sogenannte Grosslochkäse wird im Lochkeller gelöchert."Als einziger Käse gärt der Emmentaler zweimal", erklärt Schär. Er füge ihm im Kupferkessi Propionsäurebakterien zu. Gären die Bakterien, wandelt sich die Milchsäure in Aromastoffe und Kohlensäure um. Das Getränkegas bläht also nicht nur meinen Bauch, sondern auch den Käsebauch. Der Unterschied: Im Emmentaler sammelt sich das Gas an den schwächsten Stellen und formt die charakteristischen Löcher. Langsam streicht der Käsermeister über die runden Schweizerkreuze. Er fühlt die ölige Oberfläche seines schwitzenden Emmentalers. Klopft sanft auf den Käselaib, prüft, ob er löchrig ist. Das Geheimnis der Löcher ist gelüftet.

Den Emmentalerduft in der Nase, steige ich die Treppe hinauf zurück in den Laden. Ich kann nicht widerstehen. "Je ein Stück Emmentaler vom milden und vom rezenten", bestelle ich bei Sandra Zaugg und eile nach Hause. Lieber prüfe ich gleich selber. Das Käsepapier raschelt. Ein unverwechselbarer Duft steigt in meine Nase. Saubere, runde, nussgrosse Löcher gähnen aus dem gelblichen Teig. Achtsam schiebe ich mir ein grosses Stück Emmentaler in den Mund: mmh-mild, süsslich und nussig. Erstklassiger Emmentaler AOC CH 3133!

Petra Frehner, Jegenstorf